Prozessmodelle als zentraler Bestandteil von Unternehmensarchitekturen (EA) sollen vor allem einen Beitrag zur Bewältigung der Komplexität von Informationssystemen liefern. Die Erstellung und Anpassung dieser Prozessmodelle stellen eine besondere herausfordernde Aufgabe in einer Organisation dar. Die Integration und das Hinzufügen von spezifischen Wissensinhalten und die gleichzeitige Einbindung von Fachexperten in die generelle Erstellung dieser Modelle sind dabei wichtige Merkmale erfolgreicher Projekte, im Kontext von allgemeinen Informationssystemen.
Diese integrative Einbindung, in Anlehnung an das von Sandkuhl et al. beschriebene Grass-Root Modeling, stellt eine aktuelle praxisrelevante Problemstellung dar, welche in der vorliegenden Arbeit zunächst als Ausgangspunkt wissenschaftlich behandelt wird. Dazu wurden zentrale Problemstellungen innerhalb von Organisationen identifiziert, um nun in einem iterativen Sinne Ergebnisse zur Lösung eben dieser Probleme zu entwickeln. Den Fokus dabei bildet die Entwicklung und Anwendung, unter besonderer Orientierung des Action Design Research (ADR) nach Sein et al., einer einerseits schlanken und damit leicht verständlichen Modellierungsmethode und andererseits eines Tools zur automatisierten Überführung des damit generierten Expertenwissens in eine operationelle Architektur gemäß den Leitlinien einer Organisation. Diese sollen die Einbindung von Fachexperten in den Prozess der Modellierung ermöglichen und zur optimalen Integration dieses Expertenwissens beitragen. Das angewendete Forschungsdesign des ADR umfasst dabei vier Iterationen, welche sich von der Formulierung der initialen Problemstellung, hin zur Anwendung der Modellierungsmethode und des Tools in zwei Projekten der Organisation erstrecken. Damit schließt die Arbeit an bestehende wissenschaftliche Ansätze im Bereich der Prozessmodellierung wie dem Story Telling Approach von Simões et al. und der partizipativen Modellierung gemäß Stirna et al. an, berücksichtigt jedoch zugleich bestimmte aktuelle unternehmensspezifische Vorgaben. Das NATO Architecture Frameworks, kurz NAF, welches von den Streitkräften der NATO verwendet wird, bildete dabei das vorgegebene umfassende Rahmenwerk der zugrundeliegenden Unternehmensarchitektur. Durchgeführt wurden die Iterationen innerhalb einer Behörde, die das NAF gemäß den Leitlinien der Bundeswehr verwendet. Zur Formulierung der initialen Problemstellung wurden begleitend verschiedene aktuelle Projekte identifiziert, analysiert und ausgewertet, wie auch ergänzende Interviews mit Projektmitgliedern durchgeführt. Zusätzlich wurde dies mit Fragebögen, die an Expertenstellen der Organisation, aus den Bereichen Unternehmensarchitekturen und NAF, versendet wurden, ergänzt.
Hieraus wurden ganzheitlich spezifische Anforderungen abgeleitet, welche an Methoden und Tools zur Prozessmodellierung im Kontext der Erstellung von Unternehmensarchitekturen gestellt werden. Diese wurden mit den in der Organisation bekannten Methoden und Tools sowie der existierenden Literatur abgeglichen. Aus diesem umfassenden Abgleich erfolgt die Entscheidung zur Entwicklung einer eigenen Modellierungsmethode und eines Tools (Concept into Architecture (CiA)) zur semi-automatisierten Überführung der mit der Methode gesammelten Vorgaben und Ergebnisse, unter Einbindung von Fachexpertenwissen zur Erstellung operationeller NAF-Architekturen. In diesem umfassenden Sinne lässt sich die Arbeit in die nach Sandkuhl et al. formulierte Vision und Forschungsagenda für die Ausweitung der Reichweite der Unternehmensmodellierung einordnen, was die Aktualität und auch Dynamik des Themenfeldes betont.
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