Schon seit mehr als 50 Jahren werden Flüssigtreibstoffe erfolgreich in Hauptstufentriebwerken von Raumtransportsystemen verwendet. Die prädiktive Berechnung der Mischung und Verbrennung in Raketenbrennkammern ist dennoch nach wie vor eine große Herausforderung. Dies ist vor allem den extremen Betriebsbedingungen geschuldet. Die Drücke in den Brennkammern von Hauptstufentriebwerken übersteigen in der Regel den kritischen Druck der Treibstoffe. Gleichzeitig können die Einspritztemperaturen sehr niedrig sein. Bei diesen Bedingungen treten Realgaseffekte auf, die die Mischung und Verbrennung in Raketenbrennkammern maßgeblich beeinflussen. Numerische Strömungssimulationen können einen wertvollen Beitrag zum besseren Verständnis der relevanten Phänomene liefern. Die vorliegende Arbeit befasst sich daher mit der Entwicklung von Verfahren zur zeitaufgelösten Simulation der nicht-vorgemischten Verbrennung bei überkritischen Drücken. Der Fokus liegt auf der genauen und numerisch effizienten Beschreibung der thermodynamischen Fluideigenschaften sowie deren Wechselwirkung mit der Flamme und dem turbulenten Strömungsfeld. Hierzu wird eine neuartige Volumenkorrekturmethode verwendet, um Ungenauigkeiten der Peng-Robinson-Zustandsgleichung bei Temperaturen unterhalb der Pseudo-Siedetemperatur zu korrigieren. Die thermodynamische Modellierung wird mit der Eulerian-stochastic-fields-Methode sowie dem Flamelet-Ansatz zur Berechnung der turbulenten Verbrennung gekoppelt und in ein druckbasiertes LES-Verfahren eingebunden. In der vorliegenden Arbeit werden die theoretischen Grundlagen der genannten Modellierungen im Hinblick auf die Anwendung in Raketenbrennkammern diskutiert, die benötigten Formulierungen hergeleitet und die numerische Umsetzung beschrieben. Anschließend werden Simulationen zu drei Einspritzkonfigurationen bei überkritischen Drücken vorgestellt und die Ergebnisse anhand verfügbarer experimenteller Messdaten bewertet. In jedem der Testfälle steht ein anderer Modellierungsaspekt im Vordergrund. Anhand der Untersuchung transkritischer Stickstoffjets wird die Sensitivität der LES gegenüber verschiedenen Modellierungsparametern überprüft. Es zeigt sich, dass der thermodynamische Zustand des ingespritzten Fluids sowie die Genauigkeit der Zustandsgleichung einen entscheidenden Einfluss auf das Simulationsergebnis haben. Mit der Volumenkorrekturmethode kann der im Experiment gemessene Dichteverlauf ausgezeichnet wiedergegeben werden. Im zweiten Testfall wird die koaxiale Einspritzung von Stickstoff und Wasserstoff bei überkritischen Drücken untersucht. Hier stehen nicht-lineare Mischungseffekte und deren Auswirkung auf die Strömung im Vordergrund. In der turbulenten Scherschicht tritt eine mischungsbedingte Abkühlung auf und es werden Zustände erreicht, die thermodynamisch instabil sind. Der im Experiment beobachtete Anstieg der Wasserstoff-Partialdichten in diesem Bereich wird in der LES qualitativ wiedergegeben und die berechnete Strahllänge stimmt mit der gemessenen überein. Der dritte Testfall befasst sich mit der Verbrennung von überkritisch eingespritztem Methan und transkritisch eingespritztem Sauerstoff. Ein Vergleich der beiden Verbrennungsmodelle zeigt, dass mit der aufwendigeren Eulerian-stochastic-fields-Methode chemische Nichtgleichgewichts- und Feinstruktureffekte wiedergegeben werden, die bei Verwendung des Flamelet-Ansatzes nicht reproduzierbar sind. Der daraus resultierende Effekt auf die Flammenform ist allerdings gering. Ein Vergleich der LES-Ergebnisse mit der aus Experimenten verfügbaren OH*-Strahlung ist sehr zufriedenstellend und zeigt, dass die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten numerischen Methoden eine aussagekräftige Beschreibung der turbulenten Einspritzung und Verbrennung bei überkritischen Drücken ermöglichen.
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