Abstract:
Der betrieblichen Gesundheitsförderung liegt die Annahme zugrunde, sie könne mit gesundheitsförderlichen Maßnahmen individuelle/gesundheitsbezogene und organisationale/arbeitsbezogene Variablen positiv verändern. Die Notwendigkeit solcher gesundheitsförderlichen Maßnahmen in Betrieben wird durch die Erhaltung der Arbeitskraft und Produktivität legitimiert, welche in Hinblick auf den demographischen Wandel der Gesellschaft, der steigenden Prävalenz von Zivilisationskrankheiten, einem weiter fortschreitenden Bewegungsmangel sowie einer Erhöhung von Arbeitsunfähigkeitstagen als gefährdet angesehen wird (Huber, 2010; Lagerström & Froböse, 1995). Körperliche und sportliche Aktivität kann in einer salutogenetischen Betrachtung sowohl als gesundheitsförderliches Verhalten sowie als Bewältigungsverhalten angesehen werden (Becker, Bös & Woll, 1994; Becker & Krieger, 1994; Knoll, 1997). Aus diesem Grund besitzen Bewegungsprogramme einen hohen Stellenwert im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Die Forschungslage zeigt sich hinsichtlich der Effektivität von Bewegungsinterventionen der betrieblichen Gesundheitsförderung als inkonsistent (Proper et al., 2003; Proper, Staal, Hildebrandt, Beek & Mechelen, 2002). Bisherige Metaanalysen gelangen zu schwachen und heterogenen Effekten (Conn, Hafdahl, Cooper, Brown & Lusk, 2009; Dishman, Oldenburg, O'Neal & Shephard, 1998; Rongen, Robroek, Lenthe & Burdorf, 2013). Ziel dieser Arbeit ist es zu überprüfen, welche gesundheits- und arbeitsbezogenen Effekte sich durch Bewegungsinterventionen der betrieblichen Gesundheitsförderung ergeben. Zur Überprüfung der Fragestellung wird die Methode der Metaanalyse gewählt, die eine systematische Übersicht des Forschungsstandes in einem Themenfeld auf quantitativer Ebene, mittels der Integration von Effektstärken zu einem globalen Effekt, gewährleistet. Exemplarisch werden für gesundheitsbezogene Variablen das Gesundheitsempfinden und, für arbeitsbezogene Variablen, die Anzahl an Fehltagen sowie die Arbeitszufriedenheit ausgewählt. Die systematische Literaturrecherche erfolgt über elektronische Datenbanken (PubMed, PsycInfo, Cochrane Controlled Trials), über einschlägige Fachzeitschriften, Bibliographien sowie bereits publizierte Übersichtsarbeiten in diesem Forschungsfeld. Die Effektstärken in den Primärstudien werden über das Hedges’ g-Effektmaß ermittelt. Globale Effektstärken werden im Modell zufallsvariabler Effekte integriert und anschließend einer Homogenitätsanalyse unterzogen. Die Validitätskontrolle erfolgt über die Teststärkeanalyse sowie über die Überprüfung der Publikationsverzerrung mittels Funnel Plot und Fail-Safe-N. Insgesamt können aus 34 Primärstudien mit 14.736 Probanden 48 Effektstärken berechnet werden. Für das Gesundheitsempfinden (k = 20; N = 2661; g = 0,418; 95% CI [0,246; 0,589] und die Fehltage (k = 16; N = 12511; g = -0,164; 95% CI [-0,267; -0,063]) ergeben sich signifikante positive Effekte. Diese sind in Anlehnung an Cohen (1988) als schwach einzustufen. Bezüglich der Arbeitszufriedenheit kann kein Effekt festgestellt werden (k = 12; N = 2039; g = 0,035; 95% CI [-0,088; 0,157]). In allen Variablen herrscht Homogenität bezüglich der integrierten Primärstudieneffekte vor. Durch die Validitätskontrolle kann in keiner Variable von einer Publikationsverzerrung ausgegangen werden. Die vorliegende Arbeit bestätigt den Forschungsstand bezüglich der Höhe der Effekte, kann sich jedoch, im Gegensatz zu bisherigen Metaanalysen in diesem Forschungsfeld, auf eine homogene Primärstudienlage berufen. Hinsichtlich des Gesundheitsempfindens und der Fehltage der Beschäftigten besitzen Bewegungsinterventionen der betrieblichen Gesundheitsförderung positive Effekte, die jedoch als schwach einzustufen sind, woraus eine praktische Relevanz in Frage gestellt wird. Demgegenüber sind Bewegungsinterventionen der betrieblichen Gesundheitsförderung nicht in der Lage die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten positiv zu beeinflussen. Um gesundheits- und arbeitsbezogene Variablen durch die betriebliche Gesundheitsförderung positiv zu gestalten, sollten aufgrund der schwachen Effekte neben Bewegungsinterventionen noch zusätzliche Maßnahmen in Betracht gezogen werden. Hierfür sind weitere Untersuchungen hinsichtlich der Art der Maßnahmen und deren Effektivität notwendig.