Die Alterung bestehender Brückenbauwerke fällt mit dem sich verschlechternden Zustand und zunehmenden Anforderungen an die Bausubstanz zusammen, die eine Folge von steigenden Verkehrszahlen und der Zulassung des Schwerlastverkehrs sind. Der daraus erwachsende Bedarf an Beurteilungen von bestehenden Brücken ist national und international fortwährend groß. Die Grundlage für Nachrechnungen sind die über das System verfügbaren Informationen. Sowohl die rechnerische Zuverlässigkeit eines Tragwerks als auch die Validität der Ergebnisse hängen im Wesentlichen vom Zustand, also von der Qualität und der Relevanz dieser Informationen ab. Die gezielte Messung von gütebewerteten, relevanten Informationen kann die Urteilsfähigkeit des Beurteilenden über die Zuverlässigkeit eines Tragwerks signifikant steigern. Wünschenswert ist die Erhebung derartiger Informationen ohne signifikante Eingriffe in die Bausubstanz. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung und Erprobung einer Vorgehensweise für die probabilistische Beurteilung von bestehenden Bauwerken mit zerstörungsfrei gemessenen Daten und einer Methodik zum objektiven Nachweis der Eignung von zerstörungsfreien Messverfahren zur Anwendung im Zuge einer Nachrechnung. Herausgestellt wird die Eignung der im Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement (GUM) publizierten Regeln zur Bewertung der Qualität der gemessenen Informationen, die später im statischen Nachweis verwendet werden sollen. Die Anforderungen an die Basisvariablen, d. h. an die Eingangsgrößen im probabilistischen Nachweis, werden aus den Vorschriften zur Zuverlässigkeitsanalyse mit dem probabilistischen Näherungsverfahren FORM, der First Order Reliability Method, abgeleitet. Darauf basiert die Entwicklung der Schnittstelle zwischen der Messtechnik und der Nachrechnung. Im Kern werden die messdatenbasierten Basisvariablen explizit als Zufallsgrößen bei der Zuverlässigkeitsanalyse berücksichtigt. Die entwickelte Vorgehensweise wird am Beispiel von zwei Spannbetonbrücken und vier Basisvariablen erprobt. In die Nachweise der Biege- und der Querkrafttragfähigkeit sowie in einen Nachweis der Dekompression fließen geometrische Messergebnisse ein, die mithilfe von Radar- und Ultraschallmessungen generiert werden. Ein wichtiger Bestandteil ist die Bildung von Modellen zur Auswertung der Messungen und zur Berechnung der Messergebnisse. Es wird gezeigt, dass die Einbeziehung der zerstörungsfrei generierten Messergebnisse die Unsicherheit in den Berechnungsmodellen reduzieren und den Grad der Annäherung der Modelle an die Realität steigern kann. Die Messergebnisse sind zuverlässig und vergleichbar. Umfassende Sensitivitätsanalysen geben Aufschluss über sinnvollerweise zu messende Bauwerksparameter, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Tragwerkszuverlässigkeit ausüben. Auf diese Weise wird die Relevanz der Informationen ermittelt. Das Potential derartiger Analysen für die gezielte Planung und Beauftragung von Messungen sowie für die bedarfsgerechte Zuschärfung von initial unzureichenden Berechnungsmodellen erscheint groß. Die messdatenbasierten Modelle können darüber hinaus die Robustheit einer Tragwerksanalyse steigern. Die Berücksichtigung von Messergebnissen ist dann besonders nützlich, wenn zur Beurteilung erforderliche Informationen fehlen oder Zweifel an den verfügbaren Informationen aufgekommen sind. Im besten Fall resultiert daraus die Verlängerung von rechnerischen Restnutzungsdauern, die Steigerung der Verfügbarkeit der Infrastruktur, die Optimierung des Ressourcenverbrauchs und insgesamt eine realitätsnahe Bauwerksbewertung.
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