Eintrittsstörungen stellen eine häufige und schwerwiegende Beeinträchtigung des Betriebsverhaltens von Triebwerksverdichtern dar. Unter anderen können Strömungsablösungen im Triebwerkseinlauf z. B. unter extremen Flugbedingungen, Stoß-Grenzschichtwechselwirkungen im Überschallflug sowie das Ansaugen von Heißgassträhnen von Triebwerken vorausfliegender Flugzeuge oder abgefeuerter Bordwaffen ihre Entstehungsursachen sein. Die Eintrittsströmungen bewirken eine Verkleinerung des stabilen Betriebsbereichs sowie eine Reduktion von Druckaufbau, Massendurchsatz und Wirkungsgrad des betroffenen Verdichters. Die vorliegende Arbeit dokumentiert umfangreiche experimentelle und theoretische Untersuchungen, die zu diesem Thema an einem fünfstufigen Hochdruckverdichters aus der RB 199-Triebwerksentwicklung durchgeführt wurde.
Der experimentelle Teil beinhaltet Strömungsmessungen bei aufgeprägten sektoriellen Totaldruck- und Drallstörungen, die im Eintrittskanal des Verdichters erzeugt wurden. Intensivität und Sektorgröße der Eintrittsstörungen wurden variiert. Der Versuchsträger wurde auf einem neu aufgebauten Axialverdichterprüfstand betrieben, der bezüglich Leistung, Regelmöglichkeiten, Instrumentierung und Datenerfassung für die Forschungsvorhaben des Instituts ausgelegt wurde.
Die Messungen gliederten sich in Strömungsfeldtraversierung und Kennfeldmessungen der stationären Strömung sowie hochfrequente Geschwindigkeitsmessungen der instationären Strömung. Basierend auf den gemessenen stationären Strömungsverteilungen am Verdichterein- und -austritt und den statischen Druckmessungen im Verdichter liefert die Messauswertung alle Strömungs- und Zustandsgrößen in den Gitterein- und -austrittsebenen. Die Charakteristiken der Gitter, Stufen und des Gesamtverdichters werden daraus auf Sektoren oder über den gesamten Umfang gemittelt berechnet.
Die hochfrequenten Geschwindigkeitsmessungen erfolgten mittels mehrere an verschiedenen Umfangspositionen des Verdichterein- und -austritts installierter Hitzdrahtsonden. Die Entwicklung rotierender Ablösung als Ausbildungsform der Strömungsinstabilität konnte bei gestörter und bei ungestörter Zuströmung verfolgt werden. Bei gestörter Zuströmung wurde ein wechselnder Einfluss von gestörtem und ungestörtem Sektrs auf das Wachstum der umlaufenden Ablösezellen beobachtet. Statische Analysen der Hitzedrahtmesssignale ergaben außerdem ein verschiedenartiges Verhalten bei totaldruck- und drallgestörter Zuströmung. Eine Vorankündigung durch Vorläufer der rotierenden Ablösung ist im Falle der Drallstörung gegeben, bei aufgeprägten Totaldruckstörungen wie bei ungestörter Strömung jedoch nicht.
Der theoretische Teil der Untersuchung behandelt die Analyse bekannter Strömungsmodelle und Belastungstheorien, die eine Vorhersage des stationären Betriebsverhaltens und der Lage der Stabilitätsgrenze bei gestörter Zuströmung liefern soll. Diese wurden anhand der vorliegenden, umfassenden Strömungsdaten auf ihre Anwendbarkeit hin geprüft. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Bestimmung der Stabilitätsgrenze gelegt.
Die Komplexität der Strömungsverhältnisse und die Vielzahl der Einflussparameter auf das Betriebsverhalten wird von keinem bekannten Modell berücksichtigt. Theorien, die über lokale Belastungsanalysen der Gitter oder der Stufen zu Aussagen gelangen, scheitern an der entlastenden Wechselwirkung mit geringer belasteten Strömungsbereichen. Das Parallel-Verdichtermodell, eine ganzheitliche Verdichterbetrachtung, die sich auf das stationäre Betriebsverhalten und das Stabilitätsverhalten des ungestörten Verdichters stützt, kann den gestörten Verdichter nicht simulieren, da in den separat betrachten Sektoren keine zur ungestörten Strömung ähnlichen Bedingungen herrschen. Die wichtigsten Abweichungen vom ungestörten Betriebsverhalten bestehen in drallbehafteter Zuströmung zum ersten Rotor, saugseitigen Ablösungen der Laufräder im gestörten Sektor bei noch stabiler Strömung und im Dämpfungsverhalten gegenüber Initialstörungen bei der Ausbildung von rotierender Ablösung.
Die durchgeführte Simulation nach einem modifizierten Parallel-Verdichtermodell erbracht demzufolge keine genaue Bestimmung der Stabilitätsgrenze bei totaldruckgestörter Strömung. Eine Nachberechnung bei aufgeprägter Drallstörung war bei den vorliegenden Messergebissen von vornherein ausgeschlossen.
Die Klärung des Mechanismus der Ausbildung von Verdichterinstabilität bei gestörter Zuströmung erlaubte die Formulierung von Auslegungshinweisen für einen störtoleranten Verdichter. Zu den vielversprechendsten Empfehlungen zählen Modifikationen der Beschaufelung des am stärksten belasteten ersten Rotors sowie Maßnahmen zur passiven und aktiven Unterstützung der Strömung im Schaufelspitzenbereich der Laufräder. Aus den präzisierten Vorschlägen werden Hinweise zu weiterführenden Untersuchungen abgeleitet.
«Eintrittsstörungen stellen eine häufige und schwerwiegende Beeinträchtigung des Betriebsverhaltens von Triebwerksverdichtern dar. Unter anderen können Strömungsablösungen im Triebwerkseinlauf z. B. unter extremen Flugbedingungen, Stoß-Grenzschichtwechselwirkungen im Überschallflug sowie das Ansaugen von Heißgassträhnen von Triebwerken vorausfliegender Flugzeuge oder abgefeuerter Bordwaffen ihre Entstehungsursachen sein. Die Eintrittsströmungen bewirken eine Verkleinerung des stabilen Betriebsber...
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