In vielen Anwendungsbereichen ist eine zuverlässige Erfassung menschlicher Körperbewegungen unter Alltagsbedingungen von großem Interesse: hierzu zählt unter anderem der Gesundheitsbereich (Biomedizin/Orthopädie/Rehabilitation), der Sport und Fitnessbereich und der Entertainmentbereich (Virtual Reality/Gaming). Diese Dissertation stellt ein neues System zur mobilen Erfassung von menschlichen Bewegungen vor, welches vollständig am Körper getragen werden kann und sich aufgrund kompakter und leichtgewichtiger Systemkomponenten für den Einsatz im Alltag eignet. Bisher verfügbare mobile Messsysteme weisen die große Einschränkung auf, dass diese ausschließlich Drehbewegungen erfassen können. Mit diesen Systemen ist es zwar möglich, die Bewegungen von Körperteilen, die über einfache Gelenke miteinander verknüpft sind, als Drehwinkel zu erfassen (bspw. Bewegung des Unterarmes relativ zum Oberarm); in Körperbereichen mit komplexeren Bewegungsmöglichkeiten jedoch - in denen sich durch Bewegung auch die Position der Körperteile zueinander verändern kann (bspw. Bewegungen des Oberarms oder des Kopfes relativ zum Torso) - stoßen diese Messsysteme an ihre Grenzen. Das in dieser Arbeit vorgestellte Messsystem hingegen bietet erstmals die Möglichkeit, sowohl Drehbewegungen (sog. rotatorische Bewegungen), als auch Bewegungen, die eine Positionsänderung von Körperteilen zueinander zur Folge haben (sog. translatorische Bewegungen), mithilfe von zwei tragbaren, batteriebetriebenen und drahtlosen Systemkomponenten mobil und mit hoher Genauigkeit zuverlässig zu erfassen. Dadurch ist dieses in zahlreichen Anwendungen einsetzbar: neben der Erfassung von Körperbewegungen zur Unterstützung der Diagnose und Therapie von orthopädischen oder neurologischen Erkrankungen im Bereich der Biomedizin und Rehabilitation, eignet sich das System bspw. auch zur Optimierung von Bewegungsabläufen im Hochleistungssport oder zur Realisierung virtueller Fitness-Coach-Anwendungen für den Privatbereich. Um die mobile Erfassung rotatorischer und translatorischer Bewegungen zu ermöglichen, wird ein neuartiges Magnetfeldsystem vorgestellt, welches aus einem Quellenmodul und einem Sensormodul besteht. Beide Module enthalten einen Sensorschaltkreis, der eine Kombination aus einem 3D-Beschleunigungssensor, einem 3D-Drehratensensor und einem 3D-Magnetometer darstellt. Über eine Fusion der Daten dieser Sensoren ist die Bestimmung von Drehbewegungen möglich. Zur Erfassung translatorischer Bewegungen erzeugt das Quellenmodul ein sinusförmiges Magnetfeld, das von dem Sensormodul-Magnetometer erfasst wird. Die bekannte Frequenz dieses Magnetfeldes wird dazu genutzt, um es im dreidimensionalen Messsignal des Sensormoduls von anderen Magnetfeldern in der Umgebung unterscheiden zu können. Über einen im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Signalverarbeitungsalgorithmus wird aus dem Magnetfeldsignal des Quellenmoduls die 3D-Position des Sensormoduls relativ zum Quellenmodul bestimmt. Im Gegensatz zu den bisher bekannten, stationären Magnetfeldsystemen benötigt das neue Messsystem weder drei zueinander orthogonale Spulen auf dem Quellenmodul, noch mehrere Magnetfeldsensoren auf dem Sensormodul. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei dem Signalverarbeitungsalgorithmus zur Bestimmung der 3D-Postion - anders als bei den bisherigen Algorithmen - nicht nur die Betragsinformation, sondern auch die Phaseninformation des Spulenmagnetfeldes verwendet wird. Dadurch ist es möglich, die 3D-Positon der beiden Module zueinander auf Basis einer einzelnen Spule auf dem Quellenmodul, und eines einzelnen Magnetfeldsensors auf dem Sensormodul eindeutig zu bestimmen. Folglich können die beiden Module klein und leichtgewichtig realisiert und über Batterien bzw. Akkus versorgt werden, so dass diese auch über längere Zeit und im Alltag am Körper getragen werden können.
Die entwickelten Signalverarbeitungsalgorithmen wurden theoretisch und anhand von Simulationen detailliert untersucht und verifiziert. Darüber hinaus wurde das gesamte Systemkonzept im Rahmen eines BMBF-Forschungsprojektes in die Praxis umgesetzt: das Ergebnis ist ein voll funktionierender Demonstrator, der sich für die mobile Erfassung von Nackenbewegungen im Alltag von Patienten mit chronischen Nackenschmerzen einsetzen lässt. Die Messdaten des Demonstrators wurden mithilfe eines externen Referenzsystems (einem Kamera-/Marker-System) verifiziert. Die Ergebnisse der Verifikation bestätigen die Funktionalität des entwickelten Systemkonzepts: der Demonstrator weist eine hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit auf.
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