Virtuelle Realitäten werden in Forschung und Praxis bereits häufig eingesetzt. Allerdings wurde bisher kaum untersucht, inwieweit menschliches, räumliches Verhalten in reellen und virtuellen Umgebungen vergleichbar ist und wie gut räumliches Wissen, das in einer virtuellen Umgebung erworben wurde, in der entsprechenden reellen Umgebung verwendet werden kann und umgekehrt. Das erste Experiment vergleicht Navigationsverhalten in einer reellen und einer virtuellen Version des selben Gebiets und untersucht die Auswirkungen der Trainings- und Navigationsumgebung auf den Navigationsprozess und die Leistung. Die Ergebnisse belegen, dass der Transfer von Raumwissen zwischen reeller und virtuelller Umgebung prinzipiell möglich ist, allerdings mit unterschiedlichem Leistungsniveau. Die Analyse der verwendeten Navigationsstrategien zeigt, dass die virtuelle Realität die Zahl der verwendeten Strategien nicht reduziert und dass die Probanden in beiden Umgebungen die selben Strategien verwenden. Virtuelle und reelle Umgebungen sind also vergleichbar bezüglich des Navigationsprozesses, nicht jedoch mit Bezug auf die Leistung. Navigationsstrategien geben Hinweise auf die Existenz und das Aussehen von kognitiven Karten. Damit verbunden ist die Frage, welche Art von Raumwissen Menschen bei der Navigation in unbekanntem Terrain erwerben. Landmarken werden üblicherweise leicht erinnert, aber die Ergebnisse belegen, dass auch Routenwissen und Überblickswissen ab dem ersten Kontakt mit einem Gebiet entwickelt werden können. Im Theorieteil werden verschiedene Definitionen des Begriffs \"Landmarke\" gegenübergestellt und unterschiedliche Typen von Landmarken beschrieben. In einem weiteren, komplexen Feldexperiment wird mit verschiedenen Aufgaben untersucht, wie Menschen Wegbeschreibungen anfertigen, ob die Wegbeschreibung z.B. von dem Vertrautheitsgrad der Umgebung und den Umgebungsmerkmalen abhängt, was eine gute Wegbeschreibung ausmacht und welche Navigationsstrategien verwendet werden. Weiterhin wird überprüft, ob die Probanden gute Richtungsschätzungen in einem kaum bekannten Gebiet vornehmen können und inwieweit die Selbsteinschätzung von räumlichen Fähigkeiten mit der objektiven Leistung übereinstimmt. Beim Beschreiben wenig bekannter Routen verwenden die Probanden vor allem Landmarkeninformationen. Ausserdem navigieren sie mit einer Wegbeschreibung, die nur auf Landmarken basiert besser als mit einer rein routenbasierten Wegbeschreibung der selben Route, allerdings nur auf einer der beiden Experimentalrouten. Nur wenige Probanden beschreiben alle wichtigen Sequenzen der Route, d.h. die meisten dieser Wegbeschreibungen stellen keine gute Navigationshilfe dar. Ausserdem stellte sich heraus, dass gute Navigierer sind nicht notwendigerweise auch gute Wegbeschreiber sind. Die Leistungen bei den Richtungsschätzungen zeigen, dass die Hälfte der Probanden bereits Überblickswissen entwickelt haben. Auch dieses Ergebnis bestätigt meine These, dass die Entwicklung kognitiver Karten bereits beim ersten Kontakt mit einer neuen Umgebung beginnen kann. Subjektive Einschätzungen der eigenen räumlichen Fähigkeiten und objektive Leistungen im Experiment stimmen nicht überein. Geschlechtsunterschiede gibt es hauptsächlich bei der Selbsteinschätzung, dagegen kaum auf der Leistungsebene. Insgesamt haben soziodemographische Faktoren, wie Bildung, Geschlecht und Alter geringere Effekte auf die Navigationsleistung als die Intensität bisheriger Navigationserfahrungen und Feldabhängigkeit.
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